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Fachtexte

Das Vorstellungsgespräch und warum professionelle Vorbereitung und Beratung so wichtig sind

By 21. August 2022August 24th, 2022No Comments

„Kann ich doch alleine“ höre ich oft oder „brauche ICH doch nicht“. Aber stimmt das so auch? Mitnichten muss ich widersprechen.

Die Arbeitswelt da draußen hat sich drastisch verändert, auch wenn es zum Teil heute einfacher geworden ist, einen vernünftigen Job auf Grund des Fachkräftemangels zu ergattern. Viel mehr hat sich rund um den Bewerbungsprozess einiges getan, und das hat es in sich!

Wo früher regelmäßig ein klassisches Vorstellungsgespräch bei der Jobsuche durchgeführt worden ist, kommen heute immer mehr „alternative Varianten“ wie das sogenannte Telefoninterview oder Video-Gespräch via Skype / Teams zum Tragen. Diese Entwicklung ist auch den Vorgaben während der Corona-Pandemie geschuldet, wo persönliche Kontakte auf ein Minimum beschränkt werden mussten.

Und auch wenn die Frage komisch klingt, aber haben Sie schon mal ein Interview per Telefon oder Video-Call absolviert? Hat Ihr technisches Wissen ausgereicht um die Leitung aufzubauen, hat Ihr Verbindungsnetz die ganze Zeit gehalten? Was haben Sie bei Störungen diesbezüglich unternommen? Hier gelten andere Spielregeln, hier muss man noch mehr auf das achten was man und wie man es sagt. Kommen oder kamen Sie auch entsprechend kompetent herüber? Haben Sie etwas falsch gemacht oder gesagt? Haben Sie dazu ein Feedback bekommen? Und wenn nicht, was denn nun?

Da ein Lebenslauf in der Regel nicht so viel hergibt und ein Vorstellungsgespräch altbacken und meistens mit zu erwartenden Antworten der Bewerber einhergeht, geht man von Seiten der größeren Arbeitgeber immer mehr dazu über, die Bewerber in sogenannte Assessmentcenter und zu Eignungsfeststellungen / Eignungstests zu schicken, die zum Teil mehrere Tage andauern können.

Sie sollten an dieser Stelle wissen dass Personalbeschaffung in der Regel sehr kostenaufwendig ist, die Wahl eines nicht geeigneten Bewerbers aber ein Höheres an Kosten verursachen kann.
In Assessmentcentern und Eignungstests werden die Bewerber auf Herz und Nieren geprüft – zum Teil mit Videokamera gefilmt, in jedem Fall beobachtet: „ Wie gehen Sie in Stresssituationen um? Wie reagieren Sie in bestimmten Situationen – kollegial oder doch eher führend, je nach Bedarf und Anspruch der ausgeschriebenen Stelle.“ Diese Situationen sind oftmals für den Laien überfordernd und müssen unter professioneller Anleitung trainiert werden, wenn Sie Erfolg mit Ihrer Bewerbung haben wollen.

Oftmals haben die Bewerber große Schwierigkeiten über sich zu reden, was denn nun genau ihre Vorzüge und Kompetenzen sind. Hier hilft es mal z.B. durch einen Elevator Pitch oder durch freies Reden unter fachkundiger Anleitung sich überzeugender zu präsentieren. Noch nicht überzeugt?

Gestatten Sie mir eine kurze Anekdote aus dem Freundeskreis:

Ein junger Mann, Mitte dreißig, Sohn einer guten Bekannten hat sich bei der Bahn beworben als Lokführer. Er hat einige Prüfungen über sich ergehen lassen müssen und bestanden, es handelt sich um eine Art der internen Ausbildung/Weiterbildung, es kommt zur Vorladung beim medizinischen/psychologischen Dienst.

Es muss an dieser Stelle zum besseren Verständnis erwähnt werden, dass es bereits eine Personalakte über ihn gibt, d.h. es gibt Vorerkrankungen wie z.B. Burnout, offenkundige Fettleibigkeit und auch einen nicht ganz so zielgerichteten Lebenslauf, der auf eine gewisse persönliche Instabilität schließen lässt. Trotzdem hat er eine Chance auf die teure Ausbildung erhalten, aber man möchte sich ja absichern.

Während des Gespräches wird er u.a. auf sein Trinkverhalten angesprochen, was Alkohol anbelangt. Er gab wahrheitsgemäß an, mindestens 10 Flaschen Bier in der Woche zu trinken……
Wahrheit zu sagen ist in der heutigen Zeit tatsächlich sehr Respekt verdienend, jedoch in diesem Fall hätte diese ein wenig verkleidet werden müssen, da der Bewerber sich hier tatsächlich sehr stark belastet und als Alkoholiker geoutet hat. Was für den Einen durchaus „normal“ erscheint ist bei objektiver Betrachtung eben ganz anders.

Wohlgemerkt, wir reden hier von einem Job, wo es um zahlreiche Menschenleben gehen kann. Was glauben Sie wohl wird bei dieser Beurteilung unter diesen Umständen und vor allen Dingen mit dieser Aussage wohl herauskommen? Würden Sie dieser Person Menschenleben und hoch materielle Sachwerte anvertrauen?
Stimmt!

Viel Arbeit, viele Anstrengungen, viele Hoffnungen auf diesen Traumjob werden wohl zerplatzt sein.
Und warum? Weil man zu wenig selbst reflektiert war (kann ich doch alleine, brauche ich mich nicht vorbereiten, brauche ich mir keine großen Gedanken im Vorfeld zu machen…! ) sich keine professionelle Hilfe besorgt hat, was in Anbetracht des zu erwartenden Gewinns durch den Job wohl eher eine Kleinigkeit darstellen würde.

Ein anderes Beispiel an dieser Stelle soll eine Situation aus der berühmt berüchtigten Gruppe der Stressfragen sein, die in der Regel wie folgt beginnen: „Stellen Sie sich mal vor, oder wie würden Sie entscheiden, wenn…“

Stellen Sie sich folgende Situation mal vor:

Sie sitzen zusammen mit 5 anderen gleichberechtigten Teammitgliedern in einer Projektgruppe mit einer Deadline zur Fertigstellung des Projektes, es geht um einen Millionen Auftrag. Es hängen Arbeitsplätze und das Wohl der Firma von dem Gelingen des Projektes/Auftrages ab. Sie laufen in Gefahr das Projekt zum Scheitern zu bringen, weil ein Kollege sein Arbeitspensum bei weitem nicht schafft.

Kurzinfo:
Der betroffene Mitarbeiter ist spielsüchtig, greift auch mal verstärkt zum Alkohol, hat eine Frau und 2 Kinder, vor kurzem ein Haus gebaut, die Ehe scheint zerrüttet zu sein und er ist bereits von der Geschäftsleitung abgemahnt worden. Der nächste Trouble um seine Person könnte höchstwahrscheinlich sein „Aus“ in der Firma bedeuten.
Er ist offensichtlich und größtenteils mit anderen Dingen während der Arbeit beschäftigt.
Wie würden Sie jetzt als gleichberechtigter Kollege reagieren, was würden Sie an dieser Stelle tun?
Kennen Sie die Antwort? Merken Sie wie schwierig die Antwort sein kann? ( Anmerkung: Sie ist komplex und setzt sich aus mehreren Handlungsweisen zusammen ).

Auch wenn es nicht immer die „Richtige“ Antwort ganz genau gibt, kann man die Aussagen zu den Handlungsweisen durchaus trainieren und nahe an die perfekte Antwort in einem Interview bringen.

Diese Antworten sollten Sie im Vorstellungsgespräch vermeiden:

  • ich arbeite am besten/liebsten allein
  • ich mag es nicht, ständig alles mit anderen diskutieren zu müssen
  • ich kenne Gott und die Welt, aber gerade jetzt fallen mir keine Namen ein
  • ich bin kein guter Netzwerker
  • ich komme mit allen Menschen immer gut aus
  • ich kann sehr ungemütlich werden, wenn…
  • ich bin mir häufig nicht sicher, was andere von mir erwarten
  • ich bin ganz klar ein Alphatier
  • Auseinandersetzungen mit Kollegen gehe ich möglichst aus dem Weg
  • ich bin nicht besonders ehrgeizig
  • ich bin sicher für einige so etwas wie ein unbequemer Querdenker
  • bisweilen muss ich schon mal in meinem Tatendrang gebremst werden.
  • anderen gegenüber bin ich meist etwas zu nachgiebig
  • ich hasse Langeweile
  • ich stehe sehr ungern im Mittelpunkt
  • uvm.

Wissen ist Macht, und Übung macht den Meister. Je besser Sie sich auf die Prüfungssituation im Vorstellungsgespräch vorbereiten, umso gelassener können Sie auf heikle und schwierige Fragen reagieren.
Im Übrigen hat so ein Training eben mal auch den Vorteil, dass Sie selbstbewusster und spontaner durch das Leben schreiten, auch wenn es mal nicht um eine klassische Bewerbung geht.

Burkhardt Vollbrecht
(Personaler und Geschäftsführer )

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